Manche Dinge sind schwierig im Leben. Ich merke Schwierigkeiten immer dann, wenn ich Rückenschmerzen bekomme. Mit 30 dachte ich, Rückenschmerzen seien das Ergebnis von schlechter Sitzhaltung, zu wenig Sport und schlechter Ernährung. Heute weiß ich, dass der Körper schon zu einem Zeitpunkt stehenbleiben will, an dem der Verstand noch Lösungsräume durchschreitet. Und stehen bleibt der Körper, weil es zwei Kräfte gibt, die miteinander widerstreiten. Fundamentale Konflikte wollen entschieden werden.
Ich habe daher heute beim Autorenblog CARTA mein Amt als Herausgeber niedergelegt.
Auf der Sachebene sind es zwei Gründe:
- Erstens hat sich für mich nicht der Freiraum ergeben, den ich vor einem halben Jahr nach schriftlichen Ankündigungen von Robin Meyer-Lucht zu seinem Rückzug erwartet hatte (vgl. dazu auch Matthias Schwenck zur Niederlegung seiner Herausgeberschaft). Die von mir geplanten konzeptionellen Änderungen zur Neuausrichtung von Carta.info können nun nicht umgesetzt werden. Das bedaure ich sehr, denn ich hatte aus meiner Sicht eine zukunftsweisende und durchfinanzierte Lösung gefunden, Carta zu einer pluralistischen, cross-medialen Plattform auszubauen. Das heutige Konzept ist für mich als Autor unnötig und als Unternehmer mit Konzeptphantasien keinerlei Herausforderung.
- Zweitens möchte ich keine Rolle als „Herausgeber“ bei einer publizistischen Aktivität, die an andere höchste Ansprüche stellt, selbst aber keine personelle oder zumindest irgendwie geartete strukturelle Trennung von inhaltlicher Ebene und der Finanzierung der beteiligten Personen vornimmt. Ich bin mit Kritik an Unternehmen, Journalisten oder Politikern in meinen Beiträgen mitunter nicht zimperlich und möchte solche Kritik nur in einem Umfeld äußern, das gewisse formelle Kriterien an die Unabhängigkeit des Publikationsorgans stellt, damit ich glaubwürdig sein kann.
Ich wünsche allen Lesern und Autoren alles Gute und Robin Meyer-Lucht ein gutes Händchen mit seinem Projekt. Für neue Projekte im Bereich von Inhalten, Aggregation und Blogosphäre habe ich ein offenes Ohr.
Nachtrag: Robin Meyer-Lucht schickte das Projekt in eine sog. „Sommerpause“, nachdem alle Herausgeber ihre Ämter niedergelegt hatten bzw. sich mit ihm wirtschaftlich nicht einig wurden. Er verstarb im September. Im Feuilleton der F.A.Z. habe ich einen Nachruf geschrieben.