BITKOM-Präsident Scheer fordert einen Internet-Staatsminister. Genügt das? Die Diskussion der politischen Ebene der letzten Wochen um Google StreetView, Zugangserschwerung und JMStV zeigt nicht nur eine kurzfristige Kakophonie und handwerkliche Probleme, sondern ein grundlegendes Defizit in der politischen Struktur auf höchster Ebene.
Jedes Großunternehmen hat inzwischen einen CIO. Dessen Aufgaben und Chancen für die öffentliche Hand wären nicht minder vielfältig, operativ wie strategisch. Es geht, plakativ gesagt, nicht „nur“ um Menschenrechte, sondern vor allem um eine Kernfunktion einerseits im internationalen Wettbewerb und andererseits für Bildung und Meinungsbildung. Es geht um actio statt reactio.
Nun wäre die Schaffung eines neuen Bundesorgans weder eine Garantie für die Erfüllung ihrer neuen Aufgaben noch ein kurzfristiges Unterfangen. Aber reicht das als Grund, die Aufgabe für nicht minder wichtig als „Umwelt“ oder „Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ zu halten?
Zur Diskussion ein schneller Entwurf einer Stellenanzeige für eine(n) „Internetminister/-in“ und ein Plädoyer, die Chancen und Risiken der Digitalisierung mittelfristig mit mehr Kompetenz, intensivem Dialog und neuen Konzepten anzugehen:
Beim neu geschaffenen Bundesministerium für Internet, Digitalisierung und Online-Gesundheit ist die Stelle einer/eines
.
Internetministers/-in
.
Kennziffer: ANR-GNG, Besoldung gem. § 11 BMinG
per 1. August 2010 zu besetzen.
Ihre Aufgabe ist die ordnungspolitische Gestaltung des Internets angesichts der Herausforderungen Datenschutz und Privatsphäre, die Planung und Umsetzung der Infrastruktur des Bundes zur Digitalisierung aller Prozesse und die Förderung von Infrastrukturlösungen zum politischen Meinungsbildungsprozess in der Demokratie.
Ferner obliegt Ihnen – im Zusammenwirken mit anderen Bundesministerien und deren Bundesoberbehörden – die Entwicklung des Standortes Deutschland als Taktgeber der internationalen Entwicklung, insbesondere werden Sie im Dialog mit Finanzinvestoren, Unternehmern und Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen eine nationale Offensive planen und steuern, welche die Entwicklung bedeutender Unternehmen in den Bereichen Suchmaschinen, Semantisches Web und Future Internet zum Ziel hat.
Unter Federführung des Bildungsministeriums werden Sie innovative Vorschläge entwickeln, wie Bildung in Deutschland durch Digitalisierung einen Schub bekommen kann, beispielsweise durch das Digitalisieren von Büchern nach dem Vorbild von Google, jedoch durch den Erwerb von Nutzungsrechten von Verlegern und Autoren.
Sie begleiten zudem das Bundeskanzleramt sowie Ministerien bei schwierigen Entscheidungsprozessen, insbesondere Gesetzesentwürfen in den Bereichen Netzneutralität und Jugendschutz; dabei achten Sie darauf, dass Bundesorgane ihre Ressourcen auf wesentliche und konstruktive Vorschläge konzentrieren. Ihre Aufgabe ist ferner die mittelfristige Technologiefolgen-Einschätzung für die gesellschaftliche und politische Entwicklung, beispielsweise in den Bereichen Profiling und Augmented Identity.
In Ihrem Haus werden außerdem neue Geschäftsmodelle auf Konsequenzen für die Wirtschaftspolitik geprüft. Unter Mitwirkung des Bundesdatenschutzbeauftragten entwickeln Sie neue technische und rechtliche Konzepte zum Schutze der Privatsphäre, beispielsweise Löschungs- und Auskunftsansprüche gegen Privatunternehmen und Möglichkeiten zur Übernahme gewonnener Daten in den öffentlichen Raum als „Open Source“ einerseits und technisches Verfallsdatum, öffentliche Plattformen zum Reputationsmanagement und zur technischen Herrschaft personenbezogener Datenobjekte im Semantic Web andererseits. Sie begleiten die Gründung der Stiftung „Datenschutz“ auf dem Weg zu einer angesehenen Aufklärungs-, Forschungs- und Präventionsorganisation.
Sie haben eine Hochschulausbildung mit überragendem Abschluss und verfügen über eine mindestens 10-jährige Berufserfahrung als Vorstand bzw. Geschäftsführer von IT-/Internetunternehmen. Ihre technischen Kenntnisse reichen über sämtliche Ebenen der Internet-Architektur, um mit technischen Ressourcen Ihres Hauses zu einer fundierten qualifizierten Einschätzung aller o.g. Themen zu kommen.
Sie sind bereit, sich in die Grundlagen des Urheberrechtes und des Internet-Rechts zügig einzuarbeiten. Darüber hinaus sind Sie kommunikationsstark, weil Sie mit sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen kommunizieren werden; dabei wird von Ihnen eine eigene Meinung erwartet, da Sie sich weder instrumentalisieren noch von Ideologen täuschen lassen. Das Philosophieren überlassen Sie jedoch anderen. Sie twittern nicht, weil Sie dafür keine Zeit haben; stattdessen sorgen Sie für nicht-virtuellen Dialog von Experten, Politikern und Medienvertretern im öffentlichen Raum.
Die Stelle ist zunächst auf 1 Jahr befristet. Ihre Aufgabe ist es in diesem Zeitraum, den Namen des Ministeriums sowie seine Aufgaben näher zu definieren und eine Planung vorzulegen. Bei erfolgreicher Bewältigung dieser Aufgabe wird die Position an Sie unbefristet vergeben.
Bewerbungen bitte direkt an: Internetminister@de-mail.de