23.05.2014

Ansichten: 23.455


Whatsapp braucht Nutzungsrechte, damit Du posten kannst.

Seit Jahren ist es immer dasselbe Muster. Erst behauptet irgendjemand, was ein Online-Dienst mit Nutzerinhalten anstellt, er „verkauft Eure Bilder“, „macht damit Werbung“ et cetera. Das erste Mal habe ich es 2011 mit TwitPic erlebt; leider sind meine Postings dazu inzwischen von der Plattform Posterous von dannen gegangen, man sieht aber noch eine Menge der Diskussion, wenn man „twitpic rechte“ googelt, zum Beispiel hier bei Marcel Weiss, hier bei Netzpolitik , hier bei RA Schwenke, bei RA Nina Diercks und bei RA Carsten Ulbricht. Von mir gibt es dazu auch hier ein Interview und bei BILD.de (ggf. bitte nicht klicken).

2014 geht es um Whatsapp und die Schlagzeilen sind ähnlich reisserisch und falsch. SHZ spricht von „digitaler Enteignung“ und Handelsblatt von „Bild verschickt, Rechte verschenkt“. Noch schlimmer wird dann die Zweitverwertung durch SEO-Abschreiber, gerade eben flatterte mir auch noch ein Link aus einem Blog vorbei, der alles durcheinanderbringt – bitte alle anderen Links selbst googeln.

Und was ist dort nun geregelt? Nehmen wir die Nutzungsbestimmungen. Sie heissen Terms of Service, kurz ToS. Englisch hier http://www.whatsapp.com/legal/#TOS.

Diese Bestimmungen sind auf Englisch, das ist schlecht für deutsche Nutzer. Es hat aber Gründe. Es hat nicht nur mit Übersetzungskosten zu tun, sondern geschieht wegen rechtlicher Klarheit, weil die genutzten Begriffe FACHtermini sind und es viele Rechtsbegriffe gibt, die sich nicht 1:1 zwischen dem deutschen und einem ausländischen Rechtsgebiet übersetzen lassen, weil die Konzepte andere sind. Wenn ToS auf deutsch zu finden sind, steht dort normalerweise, dass massgeblich der englische Text ist.

Was wird übertragen?

Wir müssen nun leider doch den Text lesen. Es geht nur für schlechte Journalisten ohne diese Lektüre, und das wollen wir ja nicht sein.

„5. User Status Submissions B. You shall be solely responsible for your own Status Submissions and the consequences of posting or publishing them. Because WhatsApp is only acting as a repository of data, user submitted statuses do not necessarily represent the views or opinions of WhatsApp, and WhatsApp makes no guarantees as to the validity, accuracy or legal status of any status.“

Heisst auf deutsch und in Umgangssprache: Der Dienst distanziert sich hier von den Nutzer-Inhalten. Dafür soll der Nutzer haften („responsible“), der die Statusmeldung gepostet hat. Und zwar für die Gültigkeit, Genauigkeit und den rechtlichen Status einer Statusmeldung. (Hier an meiner Formulierung merkt man, wie sehr eine Übersetzung holpert. Es ist besser, wenn man in Fachsprache schreibt.)

„In connection with Status Submissions, you affirm, represent, and/or warrant that: (i) you own or have the necessary licenses, rights, consents, and permissions to use and authorize WhatsApp to use all patent, trademark, trade secret, copyright or other proprietary rights in and to any and all Status Submissions to enable inclusion and use of the Status Submissions in the manner contemplated by the Service and these Terms of Service;

Der Nutzer bestätigt und garantiert, dass er rechtlich nicht daran gehindert ist, Whatsapp für seine Statusmeldung zu benutzen und vor allem versichert er, dass Whatsapp diese Statusmeldung nutzen darf.

…and (ii) you have the written consent, release, and/or permission of each and every identifiable individual person in the Status Submission to use the name or likeness of each and every such identifiable individual person to enable inclusion and use of the Status Submissions in the manner contemplated by the Service and these Terms of Service. To be clear: you retain all of your ownership rights in your Status Submissions, but you have to have the rights in the first place.

Hier bestätigt der Nutzer, dass personenbezogene Daten nutzen darf (so würde man es wohl auf deutsch am besten sagen). Und dass er alle „Ownership rights“ an seinen Statusmeldungen behält. „Ownershiprights“: hierzulande sagen auch Juristen leider manchmal „Eigentumsrechte“. Gemeint ist aber Urheberrechte, und weil das eine (Eigentum) nicht gut passt (es sind ja keine Sachen, an denen der Eigentümer nach einer Kopie keinen Gewahrsam mehr hat) und das zweite (Urheberrecht) eigentlich zu eng ist (weil z.B. auch Markenrechte betroffen sein können), spricht man inzwischen auch auf deutsch von „Intellectual Property“ („geistiges Eigentum“ ist in der Netzgemeinde verpönt). Das heisst aber, noch einfacher gesagt: Das Zeug, was Du postest, ist grundsätzlich schon mal Deins und bleibt es auch.

However, by submitting the Status Submissions to WhatsApp, you hereby grant WhatsApp a worldwide, 1 non-exclusive, royalty-free, sublicenseable and transferable license to use, reproduce, distribute, prepare derivative works of, display, and perform the Status Submissions 2 in connection with the WhatsApp Service and WhatsApp’s (and its successor’s) business, 3 including without limitation for promoting and redistributing part or all of the WhatsApp Service (and derivative works thereof) in any media formats and through any media channels.

Das bedeutet: Der Dienst erhält ein einfaches, 1 nicht-exklusives Nutzungsrecht an den Inhalten. Also: Der Nutzer darf mit den Inhalten immer noch machen, was er will, beispielsweise bleibt er berechtigt, seinen Text oder sein Foto zu verkaufen.

Was darf nun der Dienst mit den Inhalten, kostenlos und weltweit? Nun, er muss die Inhalte auf seinen Rechnern speichern (use) dürfen, er muss sie verbreiten dürfen (zB. auf andere Internet-Rechner, die nicht seine eigenen sind, weil so nämlich das Internet funktioniert!), er muss sie anzeigen und ggf auch ausführen dürfen.

ABER: Er darf das nur 2 in connection with the service oder the business des Dienstes. Es gibt den einen oder anderen Fachaufsatz, der das kritisch sieht, und es ist in der Tat eine maximal weite Formulierung, dass die Nutzung nur „in Verbindung mit“ dem Dienst oder dem Geschäftsbetrieb erfolgt Diese Farbe wurde aus Servicegründen gewählt. Gemeint ist aber 1. der Dienst muss die Inhalte weitergeben können, z.B. als iFrame an andere soziale Netzwerke, oder an Apps von Drittanbietern (!!!), und 2. es muss eine Verbindung zum Geschäftsbetrieb bestehen, es darf also nicht frei Schnauze mit den Inhalten umgegangen werden. In der Praxis sind das die Fälle in 3 , nämlich für Werbzwecke („promoting“) und Weiterverbreitung („redistribution“), das aber nicht für beliebige Zwecke, sondern das Bewerben des Dienstes oder seine Verbreitung. Klassiker sind Screenshots in Printanzeigen, oder Best-Of-Inhalte irgendwo.

Im übrigen gilt für Whatsapp ganz konkret, dass nur das Profilbild und der Status betroffen sind, nicht die Messages, worauf Andreas Rickmann hinweist.

Für deutsche Nutzer ist die Rechtlage im Zweifel besser, weil es sich um AGB handelt, und da könnten diese Bestimmungen sowieso unwirksam sein, vor allem, weil sie überraschend sind. So sagen es Verbraucherschützer, aber das bitte selbst vertiefen, denn hier wird es auch juristisch kompliziert.

Und natürlich sind nicht alle Dienste gleich. Der eine Dienst erlaubt sich, Inhalte zu verkaufen, der andere macht eine Formulierung enger zugunsten der Nutzer, ein dritter Dienst lässt sich Vermarktungsrechte erteilen, ein Vierter gibt Nutzerdaten an Partnerunternehmen weiter (so z.B. Facebook). Es gibt tausende sog. sozialer Plattformen, da muss man leider sich auf die ganz gut googelbare Rechtslage grosser Anbieter verlassen oder tatsächlich die entsprechenden ToS selbst lesen. Aber Vorsicht: das ist Fachsprache, das kann nicht jeder.

Eine soziale und politische Bewertung findet sich hier in diesem Interview. Natürlich ist es absurd davon auszugehen, dass solche Klauseln normale Menschen verstehen, weil es sich um kalifornisches Recht handelt und das auch noch in typischen Rechtssprachverknotungen. Das muss also der Gesetzgeber strukturieren oder die Unternehmen machen es freiwillig, da brauchen wir Standards, am besten 2-3 Varianten und Ampelsysteme. Drei grüne Ampeln: Die nutzen Deine Inhalte nur auf der Plattform. Drei rote Ampeln: die machen damit, was sie wollen, und Du bist alle Rechte los und bekommst nicht mal Geld, wenn sie es verkaufen.

Kommentar schreiben

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.