29.08.2014

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Impulsvortrag „Daten als Rohstoff digitaler Geschäftsmodelle nutzen“

An dieser Headline kann man verrückt werden: Was, wenn nicht Daten, sollten „digitale“ Geschäftsmodelle nutzen? Und was nutzen nicht-digitale Geschäftsmodelle anderes als Daten (neben körperlichen Leistungen und Gegenständen)?

Man sieht an diesem Beispiel wieder einmal, wie uns die Sprache in die Irre schickt. Ich werde dasselbe mit einem Impulsvortrag tun, der aus Daten besteht, und danach das Auditorium mit seinen Daten zurücklassen (und meinen ehemaligen Daten).

Was übrigens zu der Frage führt, wie Daten „meine“ Daten sein können. „Mein“ drückt ja Herrschaft aus, bei körperlichen Gegenständen den Besitz. Das kann ja – wie bei jedem Verfügungsrecht – nur bedeuten, dass man die Nutzung und Fruchtziehung durch Dritte für den Inhaber monopolisiert und an Schäden Folgen knüpft. Das aber, und da sind wir wieder beim Vortragsthema, ist doch auf Anhieb eigentlich eine seltsame Idee, bestehen doch Geschäfsmodelle aus Austauschbeziehungen, die ohne Datenaustausch gar nicht funktionieren: Man gibt ja mindestens durch den Tauschvollzug den Tauschwunsch und das Tauschergebnis zu erkennen.

IT-Profis speichern und analysieren mit Data Warehouses, Business Intelligence und Big Data die Tauschwünsche, Tauschergebnisse und ihre Wahrscheinlichkeiten, für die sie andere Daten erheben und analysieren müssen. Ganz konkret werden zum Beispiel aus ablaufenden Kapitalversicherungen Anlagebedarfe ermittelt und wenn solche Versicherungen nicht bekannt sind, die Wahrscheinlichkeit ihres Vorliegens aus anderen Daten geschlossen (selbständig, Architekt, 58 Jahre= hoch). Entsprechend verhält es sich bei Daten aus der Umwelt und Lebenswelt der Handelnden. Im digitalen Bereich geht es natürlich um Transaktionen und Verhalten: wer ein E-Book durchgelesen hat, wird wohl auch ein zweites mögen und kaufen, und wer es gekauft hat, hat Eigenschaften der Personen seines statistischen Clusters.

Dahinter steckt eine Idee, die Welt berechnen zu können. Schon Platon sah in allem die Geometrie und der Laplace´sche Dämon, sie sind keine Erfindungen aus Kalifornien. Wir streifen hier die Frage nach Theoriebildung und dem Anliegen der Wissenschaft, die Welt verständlich zu machen, indem sie reproduzierbare Versuchsaufstellungen nachweist. Wir streifen auch die Frage, wie der Mensch der Gegenstand all dieser Bestrebungen sein kann: wird er zum Objekt, ein klassischer Verstoß gegen die Menschenwürde, oder wird er nur als Gattung oder Clustermitglied betrachtet, eigentlich das klassische Vorurteil.

Aber wie sollten wir leben, wenn nicht durch Verallgemeinerung? Kann man jederzeit und überall mit allem rechnen, will man das? Der Alltag ist ja für jeden selbst recht vorhersagbar geworden: die Gewissheit und die Routine sind es, die uns Halt geben, und so erzeugen wir selbst das Ergebnis, dass wir gut vorhersagbar sind. Big Data wird als Konzept in die Krise kommen, wenn das Menschen verstanden haben und nicht nur ungeplant versterben, sondern sich auch sonst als Störer im System verhalten. Es wäre schon ein wenig verrückt, wenn gerade Big Data dazu führen würde, dass wieder mehr Punk und mehr Rock´n Roll wäre.

 

 

Impulsvortrag dort und dann: x.

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